Das richtige Reifenmanagement ist in der Formel 3 ein echter Drahtseilakt

Als „Wahnsinns-Formel“ geißelte der am Montag im Alter von 70 Jahren verstorbene Niki Lauda einst die Formel 3. Kein Wunder, hatte der aufstrebende Nachwuchsfahrer aus Österreich in dieser Serie 1970 mehrere spektakuläre Unfälle überstanden. Nur ein Jahr später fuhr er sein erstes Formel-1-Rennen für March-Ford. 1974 errang Lauda für Ferrari seinen ersten Grand Prix-Sieg, 1975 den ersten seiner drei Weltmeistertitel. Die beiden anderen nach seinem schlimmen Feuerunfall 1976 auf dem Nürburgring.

Andreas Estner steht mit 18 Jahren noch am Anfang seiner Rennfahrerkarriere. Laudas Erfolge kennt er daher nur aus Büchern, Filmen und Erzählungen seines Papas Franz. Der schwärmt noch heute von der Legende: „Was Niki für den Sport geleistet hat, macht ihm so leicht keiner nach.“ Ein Originalautogramm von Lauda hat Franz Estner in seinem Büro ausgestellt. Ergattert hat er es beim Formel 1-Rennen in Monza 2011, wo Lauda als TV-Experte vor Ort war. Damals waren Estner und seine beiden Söhne Andreas und Sebastian nur Zuschauer beim Motorsport-Spektakel. Heute sind sie Teil der Show.

In Barcelona hat Andreas Estner seine ersten beiden Rennen in der Formel 3 hinter sich gebracht. Ganz so „wahnsinnig“ wie zu Laudas Zeit ist die Nachwuchsserie heutzutage nicht mehr. Im Gegenteil: Die Leistungsdichte und die Sicherheitsstandards sind nicht mehr weit von der Formel 1 entfernt. Zugenommen hat damit aber auch die technische Komplexität. Als Neueinsteiger hatte Estner, der für das Schweizer Team Jenzer Motorsport an den Start geht, vor allem mit den Reifen zu kämpfen.

Das liegt am sogenannten Temperaturfenster. Einfach ausgedrückt: Belastet man die Gummis zu viel, überhitzen sie und nutzen sich schneller ab. Schont man sie aber zu sehr, werden sie nicht wirklich warm und bauen keine Haftung auf. Ein Grad, der in der Formel 3 im Vergleich zur Formel 4, aus der Estner kommt, sehr schmal ist. In Barcelona tat sich der 18-Jährige daher noch recht schwer, den richtigen Mittelweg zu finden.

Schon das relativ kurze Training hatte für Estner Widrigkeiten parat. Da er seinen Boliden nur auf vier schnellen Runden über den Circuit de Catalunya jagen konnte, blieb ihm nicht viel Zeit, um sich an Auto und Strecke zu gewöhnen. Mit Platz 24 war er aber noch ganz zufrieden. Im Qualifying verbesserte sich der Waller zunächst auf Rang 23. Der erwartete Sprung mit dem zweiten Reifensatz gelang ihm aber nicht, und Estner fiel auf Startplatz 27 zurück.

Ein bisschen zu vorsichtig ging der 18-Jährige dann das erste Rennen an. „Ich habe zu wenig gepusht, um die Reifen zu schonen“, erklärt er. Letztlich hätten die aber besser gehalten als gedacht. Als 25. überquerte Estner die Ziellinie. In Rennen zwei versuchte er dann, das Material mehr zu fordern. Doch ein Unfall machte die erhoffte Aufholjagd zunichte. Nach einer Safety-Car-Phase krachte ein Kontrahent in Estners Auto, wodurch dessen Hinterrad und auch die Lenkung verbogen wurden. Trotz des Defekts stellte der Waller seinen Wagen nicht ab und rettete sich als 22. ins Ziel.

So war der Formel-3-Auftakt für Estner vor allem eines: sehr lehrreich. Lernen ist auch die Devise für die kommenden Rennen. Das nächste steht vom 21. bis 23. Juni auf dem Circuit Paul Ricard in Südfrankreich auf dem Programm – wie immer im Rahmen der Formel 1. Als „Wahnsinns-Formel“ wie einst Niki Lauda bezeichnet Estner die Formel 3 nicht. „Aber der Sprung von der Formel 4 ist schon sehr groß.“ 

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