Pirelli reagiert auf die Kritik von Helmut Marko

Die Diskussion rund um das schmale Temperaturfenster, in dem die neuen Pirelli-Reifen 2019 optimal funktionieren, sorgte rund um den Grand Prix von Kanada für Schlagzeilen. Red Bull und Ferrari führen angeblich eine Lobby an, die sich eine Rückkehr zur 2018er-Spezifikation wünscht. Doch abgesehen vom medialen Schlagabtausch gab es hinter den Kulissen offenbar noch keine ernsthaften Vorstöße zum Thema.

Besonders Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko hatte mit seinen Aussagen für Wirbel gesorgt. Er deutete zwischen den Zeilen an, dass Mercedes die Daten über die 2019er-Reifen früher als alle anderen erhalten haben könnte. Das würde die Dominanz der Silberpfeile in der laufenden Saison erklären, während Ferrari und Co. mit den Reifentemperaturen zu kämpfen haben.

Aber Marko dementiert, die verschwörerisch angehauchten Aussagen, mit denen er zum Beispiel von 'Auto Bild motorsport' zitiert wurde, gesagt zu haben: "Ich habe nie behauptet, Mercedes habe die Reifen früher gekriegt", erklärt er in einem Interview mit 'Speedweek', dem Haus- und Hofblatt des Red-Bull-Teams.

Aber: "Mercedes hat mit den Reifen, die mehr Gummiauflage hatten, immer Probleme gehabt. Seit der neue Reifentyp verwendet wird, hat Mercedes keinerlei Probleme mehr. Alle anderen Teams haben sie. Ich habe das Thema jetzt einmal öffentlich gemacht. Die meisten anderen reden ja bis jetzt nur hinter vorgehaltener Hand darüber."

Pirelli betont: 2019 keine neuen Reifen mehr

Pirelli hat jedoch bereits klargestellt, dass man dem Wunsch, die Reifen während der laufenden Saison zu ändern, nicht nachkommen wird. Zumal es dafür erst einmal eine offizielle Anfrage geben müsste. Doch bisher wird das Thema von den Kritikern nur über die Medien gespielt: "Ich habe noch keine Anfrage erhalten", betont Pirelli-Sportchef Mario Isola.

"Wenn es eine Anfrage mit einer vernünftigen Begründung gibt, werden wir diese in Erwägung ziehen  und mit der FIA diskutieren", sagt der Italiener im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Wir können die Konstruktion oder die Gummimischung nur aus Sicherheitsgründen ändern. Aber im Moment gibt es keine Sicherheitsbedenken."

Anstoß der Diskussionen ist die Lauffläche der 2019er-Reifen, die um 0,4 Millimeter dünner ist als noch im vergangenen Jahr. Bereits in Barcelona, Le Castellet und Silverstone 2018 kamen die veränderten Reifen probeweise zum Einsatz, weil dort erhöhte Blistering-Gefahr bestand - allesamt Rennen, die Mercedes gewonnen hat.

Für eine Änderung während der laufenden Saison - außerhalb des Totschlagarguments Sicherheit - müssten sieben von zehn Teams zustimmen. Das ist momentan nicht realistisch. Nur Red Bull bekennt sich offen zu diesem Wunsch. Ferrari würde ihn wahrscheinlich unterstützen. Aber zumindest die drei Mercedes-Teams und McLaren sind explizit dagegen.

Schmales Temperaturfenster stellt Teams vor Probleme

Ziel der 2019er-Änderungen war, Blasenbildung auf den Laufflächen zu reduzieren. Das war 2018 für viele Teams ein Problem - und ein Thema, mit dem Mercedes mehr zu kämpfen hatte als Ferrari und Red Bull. Dass die 2019er-Reifen jetzt schwer auf Temperatur zu bringen sind und sich die Aufgabenstellung quasi ins Gegenteil verkehrt hat, kommt Mercedes entgegen.

Isola räumt ein, dass Pirelli bei der Erweiterung des Temperaturfensters, sodass die Teams leichter mit den Reifen zurechtkommen, noch Luft nach oben hat. Gleichzeitig lässt er sich aber nicht den "Schwarzen Peter" dafür zuschieben, dass sich einige Teams besser auf die veränderten Gegebenheiten eingestellt haben als andere.

"Wir müssen am Temperaturfenster arbeiten", sagt Isola, stellt aber gleichzeitig klar: "Jetzt liegt es an den Teams, die erforderliche Energie zu generieren. Wie das Auto designt wird, wie viel Anpressdruck es generiert, wie die Radaufhängungen funktionieren, das ist Aufgabe der Teams."
Wichtig aus Pirelli-Sicht: Trotz der Marko-Zitate erfährt kein Team eine Sonderbehandlung. Es gibt einen "klaren und strengen Prozess", versichert Isola, der sicherstellt, dass alle die gleichen Reifen und auch die gleiche Betreuung erhalten. So konnten alle Teams beim Abu-Dhabi-Test nach Saisonende 2019 die neuen Reifen intensiv ausprobieren.

Warum sich Red Bull nicht schon da beschwert hat? "Im Winter war die Problematik nicht so absehbar", rechtfertigt sich Marko. "Der Wintertest findet bei so tiefen Temperaturen statt, die du sonst das ganze Jahr nie mehr vorfindest. Zu diesem Zeitpunkt dachte man noch, das kann man irgendwie korrigieren. Was aber nicht der Fall war."

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